DD289: Ein Schulz-Effektchen – erster Teil, keine Fortsetzung in Sicht

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„Alle unsere Kinder sind so durchschnittlich. Dabei haben wir alles getan.“ – „Finde ich auch, Frau. Ich hatte gedacht, dass es so etwas wie soziale Gerechtigkeit gibt. Bei sechs Kindern müsste doch wenigstens eins davon richtig gut sein. Meinst du, wir sollten noch ein paar bekommen?“ – „Das könnte die Lösung sein, aber ich bin langsam frustriert. Wir beide haben uns so abgezappelt, aber die Kinder haben einfach keinen Drive, sie tun das Nötigste – ist ja nicht weiter schlimm, aber es ist kein bisschen Glanz in unserem Hause.“ – „Machen wir vielleicht etwas falsch?“ – „Kann ja nicht sein. Denn wir waren ja stets bemüht, alles richtig zu machen.“ – „Die Nachbarn sagen, wir sind allesamt Langweiler, besonders Sigmar. Hab’ ich selbst so gehört. Denkst du, dass sie damit auch uns selbst meinen?“ – „Nein, nur die Kinder natürlich. Bist du denn langweilig? Klares Nein, und ich bin auf demselben Niveau wie du.“

„Mama, Papa, heute ist das Fernsehen in der Schule! Sie haben uns gefilmt! Was bedeutet das eigentlich, dass sie uns gefilmt haben? Heißt das nicht, sie haben uns reingelegt, wenn wir uns haben filmen lassen?“ – „Nein, sie haben Videos gemacht.“ – „Ach so. Videos. Okay, dann haben sie uns nicht reingelegt, aber sie haben die Lehrer vorgeführt. Und dann – passt auf – haben sie den Martin alles Mögliche gefragt, weil der gerade der Kamera im Weg stand und auf die Klappe gefallen ist, er hat jetzt ganz rote Lippen.“ – „Unseren Martin haben sie gefragt? Was sagst du da! Himmel, wo ist er denn jetzt?“ – „Sie befragen ihn immer noch. Ich bin schon ganz neidisch.“ – „Komm, Sigmar erzähl doch, was hat er gesagt?“ – „Er will Präsident eines großen Landes werden, oder vielleicht erst einmal Kanzler vom Saarland, um zu üben. Dazu braucht man kein Abitur, nur große Ideen.“ – „Oh mein Gott, wie absurd!“ – „Frau, das ist das erste nicht Normale, was Martin je gesagt hat. Aus ihm wird ein ganz Großer. Das fühle ich durch meine Adern fließen! Ich bibbere!“ – „Ja, vielleicht ist das der Durchbruch! Sigmar, was haben die Fernsehleute denn dazu gesagt?“ – „Sie haben erst gelacht, aber dann immer mehr und mehr gefragt. Was er denn als Präsident so machen würde. Er will Gerechtigkeit für kleine Menschen und mehr Kohle für alle.“ – „Was meint er damit?“ – „Na, Kinder und unseren Ofen!“ – „Aha, und weiter?“ – „Er hat erzählt, dass du, Papa, immer sagst, dass die da oben alle gleich sind, und er findet, dass doch die Kleinen auch alle gleich sein könnten. Jeder Kleine muss dürfen, was sonst nur Riesen vermögen. Da haben sie gefragt, ob der denn als Präsident an die Riesenvermögen ran will, was ja in der Politik immer gefordert wird. Ja, da will er ran, sagt er. Na gut, ehrlich gesagt verstehe ich aber nicht, was der Martin dann mit dem ganzen Geld will. Dann fragten sie ihn noch etwas zur Vergeltungssteuer oder so, weiß nicht. Er findet, dass diejenigen Lehrer bezahlen müssen, die nicht beliebt sind. Und er hat nichts dagegen, Sultan der Türkei zu werden, wenn die dortige Gesetzeslage das erlaubt. Kommt, wir gehen hin! Es ist eine Riesengaudi mit dem Martin, ich wollte, sie würden mich einmal so veräppeln. Ich bin dafür schon zu alt als Kind, oder?“ – „Du bist etwas dicklich und kommst nicht so naiv rüber. Schade, Sigmar.“

Eine Woche später. „Jetzt kommt keiner mehr vom Fernsehen, das ist traurig, Mann.“ – „Dabei hat ihn Sigmar so gut gecoacht. Alle haben doch gejubelt, als er mehr Freude für alle gefordert hat und dass ihn alle wählen sollten, die sich benachteiligt fühlen.“ – „Das kam zu kindlich rüber, und die Presse hat gleich gemerkt, dass die Parteiführer der Benachteiligten in Deutschland ja unbedingt schlecht regieren müssten, weil sonst die Zahl der Benachteiligten sinkt und sie abgewählt würden.“ – „Na, wenigstens waren wir jetzt einmal im Fernsehen, wir sind nicht mehr durchschnittlich.“ – „Ich finde es aber mies, wenn sie ihn jetzt mit der Umfrage im Saarland hänseln, dass die ihn nicht als König wollen. Die Saarländer kennen unseren Martin doch gar nicht.“ – „Ja, das schadet seiner Seele, er hat jetzt einen Hass auf die Regierung, die ihm ja im Wege steht. Das sagt er jetzt auch jeden Tag, aber die Regierung ignoriert sein Schimpfen einfach. Er ist zwar noch ein Kind, aber als Herrscher wäre er immerhin besser.“

„In jedem Land gäbe es eine bessere Regierung, aber keines hat eine gute.“ – „Woher hast du denn diese Weisheit?“ – „Irgendwo gelesen. Habe mal in einem Buch geblättert. Die Regierung als Verweser der Demokratie oder so.“

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Eine Antwort

  1. Nett gesagt. Aber sog. Schulz Effekt ist genauso eine Erfindung des deutschen Legacy Mainstreams wie der Trump Effekt. Beide sind Ausdruck von Hoffnung, wirft man einen Blick auf die Umfragen, welche 60% bereits verloren hatten und sich ein einen Strohalm klammern.

    Der Zug der Zeit wird über Deutschland drüberfahren und wenn der interessierte Fahrgast aus dem Fenster blickt zufrieden die Autofriedhöfe zur Kenntnis nehmen, seinen POD einschalten und beschwingt ein fröhliches Liedchen beginnen zu trällern. watch?v=ZjbjUy4KDYI

    Klarerweise brennt die soziale Frage in .de unter den Nägeln. Was ist die Kernaussage heute mit Bezug auf morgen.

    Wenn alle im Rahmen einer Beschäftigung auf einem Betriebsgelände verweilen, dann kann keiner sparen. Das ist ein Nachteil der Übergabe im Industriemodell. In dem Zustand führt jeder Versuch zu sparen zum aushungern anderer (btw. ist auch heute schon so).

    Wenn alle arbeiten, dann geht es jedem aus seiner Sicht besser.

    In .de ist definiert Arbeit = Beschäftigung = Einkommen. In Österreich hängt das Einkommen an der sog. ‚Hocken‘ welche einen Metabegriff darstellt an dem die mit dem Einkommen verbundene Geldmenge hängt. Allein die Interpretation dieses Begriffes ändert sich.

    Im prod. Gewerbe wird entlang der Grenzproduktivität beschäftigt welche bedingt, dass die größtmögliche noch akzeptierte Talentvergeudung das Maß der Dinge bei der Verbindung zwischen Mensch und der im zugeordneten Geldmenge wäre. In den übrigen mehr als 90% einer halbwegs funktionierenden Wirtschaft ist alles andere als dies das Maß. Damit ist das Mittel eines zum Zweck, aber trotzdem keine gute Idee.

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