DD291: Hundemarken für Wissenschaftler? (Mai 2017)

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Die Digitalisierung verlangt eine Identifikation, das denke ich schon immer. Nun ist mir wieder einmal ORCID „über den Weg gelaufen“, weil sich gerade Institutionen und Bibliothekare streiten, ob nun alle Forscher oder gar Menschen eine ORCID haben sollten oder nicht. Meine Frau ist ja Bibliothekarin und hat eine verächtliche Bemerkung aufgeschnappt. Jemand schnaubte: „Sollten Wissenschaftler eine Hundemarke tragen wollen?“ Deshalb wärme ich das Thema einmal auf.

Die Open Researcher & Contributor ID soll helfen, einen Forscher eindeutig zu identifizieren. Bei mir geht das Identifizieren ganz gut, weil mir bis heute kein anderer Gunter Dueck begegnet ist. Ich finde meine Publikationen im Netz ohne Probleme. Bei Google Scholar werden gefühlt gut 500 Einträge von mir aufgeführt, die alle von mir zu sein scheinen. Hoffentlich stimmt das alles so, es gab nämlich besonders früher und auch noch bis heute die Unsitte, den Vornamen auf wissenschaftlichen Aufsätzen abzukürzen. Da bin ich nur G. Dueck. Ja, Pech – davon gibt es dann doch wieder so einige (Dueck ist eine deutsche Form vom holländischen Dyck, wie „vom Deich“, in Holland ein Name wie Müller oder Schmidt). Wer hat sich das Abkürzen bloß ausgedacht? Es müssen Biochemiker oder Astronomen gewesen sein, weil dort das ganze Labor oder die Galaxie Mitautor sein kann und dann die Titelseite zu lang wird. Bei Mathe ist es schon schwach verdächtig, wenn es zwei Autoren sind – da kann doch wohl nur einer von beiden den echten Einfall gehabt haben?

Egal. Schon die Suche nach den Werken meiner Tochter Anne stellt sich als schwierig heraus. Wir kannten bei der Wahl dieses schönsten Vornamens die Problematik noch nicht. Anne Dueck gibt es öfter auf der Welt… Stellen Sie sich nun vor, sie heiratet und nimmt einen anderen Namen an (nur mal vorgestellt!), dann findet man nichts mehr richtig, ohne ihre Biografie zu kennen.

Und das sind nur Miniprobleme. Leiden Sie doch einmal mit, wenn jemand Peter Müller oder Maria Schneider heißt. Haben Sie verstanden? Nein, immer noch nicht. Es gibt wohl je (!) einige zehn Millionen Menschen, die Lee, Zhang oder Wang heißen, Singh kommt auch so oft vor oder Nguyen… Schon allein im Institut meiner Frau gibt es „Doppelte“ und sie muss stets nachfragen, was nun von wem ist, wenn der Institutsjahresbericht korrekt werden soll.

Wäre das nicht fein, wenn wir alle eine ORCID neben unserem Autorennamen angäben? Auch „nichtwissenschaftlich“? Für Journalisten, Blogger, alle? Ich für mich denke, dass es noch so um die 100 kleine Artikel im Internet gibt, die ich hier und da gepostet habe. Die sind für meine Werksammlung „verloren“ oder ich muss Buch führen. Ich habe einige Zeit die „Belegexemplare“ als Print im Keller gesammelt, die blättere ich aber doch nie mehr durch. Die sind für die Biographie „weg“. Sollten wir nicht auch alle Blog-Beiträge mit der ORCID kennzeichnen? Unsere Fotos auf Flickr und Instagram? Na, Hetzbemerkungen am besten auch…

Und da schimpfen Leute, wie gesagt: „Ich will keine Hundemarke tragen! Dann kann ja jeder sofort surfen, was mit mir zu tun hat! Soll ich den Spionen in die Hände spielen?“ Ich weiß, Leute, aber trotzdem: ORCID.

Ihr Gunter Dueck,

http://orcid.org/0000-0003-1800-9700

oder mit Google-ID:

https://scholar.google.de/citations?user=w-ItbssAAAAJ&hl=de

 

 

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9 Antworten

  1. Ob sie wollen oder nicht – wohl alle Autoren haben bereits eine eindeutige „Hundemarke“ – ihre Email-Adresse.

    Ok, oft sogar mehrere, und viele halten kein Forscherleben lang. Aber als einfacher „Fingerabdruck“ auf Dokumenten taugen sie allemal – „Big Data“ hilft, die im Laufe einer Forscherkarriere „verbrauchten“ Email-Adressen dem richtigen Autor zuzuordnen.

    Mit ORCID geht es natürlich noch einfacher und eindeutiger…

  2. Nach Art. 5 III GG sind Kunst und Wissenschaft frei. Die Erwähnung des Namens van Dyck hat mich Kraft meiner Wassersuppe naheliegende Idee gebracht, Künstler und Wissenschaftlicher in unserer bekannten, freiheitlich demokratischen Grundordnung, der zumindest wir Deutschen treu nicht entbunden sind, gleich zu behandeln. Deshalb fordere ich mindestens die Einführung einer vergleichbaren, auch posthum zu vergebenen ORCID für Künstler. Ihr treu ergebener, zertifizierter (siehe auch: http://www.icmhq.com) Konfigurationsmanager

  3. Das mit den Emailadressen hilft nicht vollständig, Big Data hin oder her, weil viele Organisationen eine ehemals vergebene, dann wieder frei gewordene Adresse neu vergeben, wenn wieder eine passende Person auftaucht.
    Denken Sie sich das z.B. auf Korea angewandt, wo wohl ca. 10 Mio. Leute „Kim“ mit Nachnamen heißen…

  4. Wir benutzen standardmäßig sowohl Email, Institut, Ko-Autoren als auch Thema der Publikation als Kriterium für dieses Problem, es gibt trotzdem eine ganze Menge Zweifelsfälle. Die Daten fehlen oft auch in den Datenlieferungen. Was allerdings am Häufigsten fehlt ist die ORCID. Und wenn sie da ist, wer weiß, ob die stimmt, oder ob die Person nicht noch eine andere hat. So geht es uns nämlich mittlerweile mit den DOI, die manche Dokumente gleich im Dutzend haben. Und zitiert wird es dann mit einer, die wir noch nicht kennen.

    Gottseidank gibt es Forschung, dass die Leute gar nicht unzufrieden sind, wenn bei ihrer Namenssuche die Liste zu lang ist, weswegen wir unsere Erkenntnisse wohlweislich dem Nutzer nicht anzeigen. Das Problem stellt sich wohl also nur bei der Bewerbung und da liefert man die Liste ja mit.

    Vielleicht ist es ja nur eine fixe Idee der Informatiker, dass man alle Objekte eindeutig identifizieren muss, sage ich mal ganz ketzerisch. Die Datenqualität verbessert das bisher nur in der Theorie. Und ORCID ist wirklich grauslich zu bedienen, wenn man es mit den kommerziellen Quasi-Alternativen vergleicht. Da wundert es mich nicht, dass so viele Einträge nicht gepflegt werden. Insbesondere, wenn man bedenkt, wo man die Listen mittlerweile sonst überall noch pflegen muss/müsste (Webseite, CV, private Literaturdatenbank, GoogleScholar, ResearchGate, Uni System, … ahja und ORCID).

  5. Ja, Herr Dueck, unter der Orcid-Suche bei ORCID.org findet man, wenn man nach Dueck sucht, nur einen Gunter und damit auch sofort Ihre ORCID. Und mit einen weitere Klick ziemlich viele Artikel von Ihnen, wie z.B. „Protokoll der Mitgliederversammlung der DMV vom 20. 9. 2001 in Wien journal-article“. Es geht also, und einige wissenschaftliche Verlage verlangen mittlerweile die Angabe der ORCID. Es geht also. Natürlich gibt es neben Orcid noch viele andere Identifikationssysteme. Und einige davon erfüllen auch die ISO 27729 für ISNI (International Standard Name Identifier“. Insofern ist es müßig, darüber zu diskutieren, ob so ein System gut oder schlecht ist. Wichtiger ist, wie man damit umgehen und ggf. Mißbrauch verhindern will. Kann ich irgendeinen Unsinn, den ich in einer schwachen Stunde geschrieben habe, wieder aus der Welt schaffen? Ich denke, die Antwort ist dummerweise ein klares „Nein“. Geheimdienste? Na ja, die dürften ihre eigenen Systeme haben und Kurt Müller sollte froh sein, wenn die ihn nicht mit einem vermeintlichen Terroristen gleichen Namens verwechseln. Allen Verschwörungstheoretikern zum Trotz: Da die eindeutige Identifizierung technisch möglich ist, wird sie unabhängig davon, ob ich das will oder nicht auch gemacht. Da kann ein transparentes System auch keinen Schaden mehr anri hten. Und da ORCID nicht generell sondern nur auf Antrag vergeben wird, können die, die das nicht wollen, außen vor bleiben, ggf. mit der Konsequenz, dass die Royal Society nichts mehr von Ihnen druckt. Die Wissenschaft wird es verkraften.

  6. Was mir bei solchen Diskussionen immer verschlossen bleibt, ist Folgendes: Wir haben doch bereits unzählige Personendatenbanken, ob es nun Munzinger ist, World Biographical Data, die Daten aus der GND. Wieso nutzt man nicht einfach diese Daten zur Identifizierung? (Falls nicht vorhanden) Diese Daten mit einem Primärschlüssel zu versehen, erscheint mir nicht besonders aufwendig, anstatt wieder alles und jeden erneut woanders zu registrieren. Ich will damit nicht sagen, dass diese Datenbanken alle „vollständig“ sind, das ist bei ORCID aber auch nicht so. Wieso also nicht einfach die bereits vorhandenen Daten nutzen anstatt wieder ein neues System mit einem neuen Identifier zu entwerfen? Ansonsten stimme ich mit Brigitte Mathiak überein.

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