DD345: Erforschen was man schon kaufen kann

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Weil die Suchmaschine von Google schon allmächtig geworden ist, äh… Warum eigentlich? Wir benutzen keine andere, obwohl es andere gibt. Egal, wir brauchen jetzt eine europäische Suchmaschine, die nicht Englisch verwenden darf, wegen des Brexits. Die wird so gut, dass dann alle Deutschen sofort Google den Rücken kehren werden, weil die EU-Suchmaschine überlegen ist. Natürlich kann man so eine Suchmaschine nicht ohne ordentliche Forschung ins Netz setzen, man sollte erst Skills aufbauen, die leider noch gar nicht in der benötigten Menge vorhanden sind. Wir müssen uns an deutsche Professoren wenden, die am besten mal wieder eine Milliarde für Forschung ausgeben können. Forschung wird hierzulande von großen Massen von Doktoranden ausgeführt, die stets einen Dreijahresvertrag haben, um zu promovieren. Nach den ersten drei Jahren sammelt man alles ein und beginnt eine neue Runde mit neuen Doktoranden. Also sechs bis neun Jahre brauchen wir schon mal, um ein bisschen klarer zu sehen – und doch lieber zwei Milliarden. Forschung ist so wichtig!

Ach, noch etwas: Googles Autos fahren von selbst, der Zug in KI/AI ist längst abgefahren, da brauchen wir noch ein paar Milliarden, um noch einmal nachzuvollziehen, was Google so alles schon fertig hat; vielleicht kann man auch bei Tesla spicken.

Und weiter: Autobatterien gibt es schon ganz lange, mein erstes Auto hatte schon eine Starterbatterie. Ohne Benzin müssen die jetzt besser werden, das ist klar. Die werden aus China importiert. Bosch wollte das alles einmal selbst können, strich aber die Segel, obwohl es in Ulm seriöse Forschung dazu gibt. Das aber erfuhr man erst, als unsere Wissenschaftsministerin beschloss, wieder mit einer neuen Milliarde die Batterieforschung in Münster zu beginnen, was viele Doktoranden erfordert, die noch keine Ahnung von Batterien haben, aber in drei Jahren bestimmt. Na, noch nicht in vier Jahren, denn so lange warten wir auf die Baugenehmigung des neuen Institutes in Münster. Irgendwann aber wissen wir dann so ab 2040, dass die Wissenschaftler in China die ganze Zeit über ihre Batterien weiterentwickelt haben und sich gar nicht so sehr mit neuer Forschung befasst haben. Ernsthafte Forschung findet immer den allerallerbesten Weg heraus, etwas zu bauen – aber gebaut wird natürlich nur, was nur ganz einfach solide gut ist, aber dafür in Massenproduktion hergestellt werden kann.

Kann das sein, dass in Deutschland noch an Solarpanels geforscht wird? Unsere Forschung war sicher sehr gut, aber nicht für Fließbänder. Jetzt haben die Haushalte wegen der milliardenschweren Förderung von Solarpanels lauter völlig veraltete Platten auf dem Dach, und wir müssen alle kollektiv die Einspeisung des Zuviel-Stroms mit vielen Milliarden an zusätzlichen Stromrechnungen bezahlen. In den letzten ca. 10 Jahren ist der Preis für Photovoltaik-Anlagen auf etwa ein Fünftel gefallen, aber wir zahlen die alten Anlagen brav kollektiv ab – 20 Jahre lang geben wir für die Einspeisung über 10 Cents pro Kilowattstunde, wo die erste Anlagen in sonnenreichen Gebieten schon für unter 2 Cents produzieren – Tendenz weiter fallend.

Das gefällt den Diesel-Ideologen sehr: Sie rechnen aus, dass sich Elektromotoren nicht lohnen, weil der Strompreis so hoch ist (die ziehen die Subventionen bestimmt nicht ab – oder?).

Quelle: Pixabay

Nun hat Frau Karliczek wieder zugeschlagen. Sie findet, dass Deutschland „Wissen und Fähigkeiten“ hat, mit den Herausforderungen des Klimawandels fertig zu werden. Wahrscheinlich gibt sie wieder Milliarden für die Erforschung des zukünftigen Klimas aus und lässt Doktoranden ausrechnen, was man jeweils in den verschiedenen erforschten Szenarien (1. es wird wärmer, 2. es wird noch etwas wärmer) tun müsste, wenn man das Geld noch hätte, das man für das Forschen ausgegeben hat. Danach importieren wir das ganze Klimaabwenden einfach aus China.

Wir erforschen alles so spät, dass man es schon kaufen kann, wenn wir gerademal Bescheid wissen.

In der Bildung forschen wir auch, wie man digital bilden kann. Wie geht das im Ideal? Hey, Leute, die Forscher stellen schon seit Jahrzehnten und Jahrhunderten ständig wundervolle Theorien auf, wie man in der analogen Welt am besten bildet. Aber das Beste wissen und kennen wir nur sehr gut. In der Praxis verwenden Lehrer natürlich nur, was nur ganz einfach solide gut ist, aber dafür in Massenproduktion hergestellt werden kann: das Bundeseinheitsabitur und der Fließband-Bachelor.

Wir brauchen Umsetzungswillen, nicht Milliarden zum Hinauszögern.  Da die Politik bei Wahlen leider keinen Umsetzungswillen anbietet, wählen wir notgedrungen das, was uns am Teuersten ist.

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11 Antworten

    1. Da steht aber auch „Weiterentwicklung“, also bereits erzielte Gewinne zur Optimierung des Produktes einsetzen – zum Beispiel, um den Anteil solcher Stoffe zu reduzieren oder überflüssig zu machen. Aber rein auf Forschung zu setzen, bei der man darauf angewiesen ist, dass die Gießkanne zufällig auf das Thema abregnet und sich erst danach um eine marktfähige Umsetzung zu kümmern funktioniert einfach nicht.

  1. Die wichtige Forschung wäre ja, wie man vermeidet, dass bei technischem Forschritt nicht eine „winner take all“-Dynamik vorherrscht, bei der die executive suite der „first to file“-Firma (und das ist etwas GANZ ANDERES als „first to invent“) die exklusive Kontrolle und den Löwenanteil des (aus marktwirtschaftlichen Gründen meistens praktisch steuerfreien) Gewinns bekommt.
    Vor 20 Jahren wurde das noch in einer Reality show persifliert, in der ein eigens dafür gecasteter Kotzbrocken seine Angestellten wie Lehrlinge behandeln durfte und „at will“ mit „You’re Fired!“ rausschmeissen konnte.
    Heutzutage sind solche ultrakompetitiven Kotzbrocken selektiert worden, Industrienationen und multinationale Konzerne zu leiten, und vor lauter „how can this be monetized“ wird unser ganzer Planet unbewohnbar.
    Die wichtige Frage ist doch, wie Forschungsergebnisse NICHT in die Hände der Chefetagen von Google, Facebook, Amazon, US Department of Defense, .., fallen.
    „Don’t be evil“ doesn’t scale, und deshalb braucht’s so was wie Diaspora* statt Facebook, Mastodon statt Twitter und DuckDuckGo und ecosia statt Google Search.
    Naiv betriebswirtschaftliches Wettbewerbsdenken führt zwangsläufig in den Untergang.

    Das Problem [NEIN, NICHT DIE CHALLENGE!!!], an dem geforscht werden muss, steht in Michael Ende, Momo: „Die Rechnung ist falsch und geht doch auf“
    https://docplayer.org/20390124-Die-rechnung-ist-falsch-und-geht-doch-auf-michael-ende-momo-1973-zweiter-teil-erstes-kapitel.html

    1. Sehen wir nicht, daß gerade die Technologien in der Genetic (CRSP), AI/KI, und Internet zusammen wachsen.

      Facebook, Twitter und Co sind doch nur deshalb „böse“, weil Ihre Technologien verwendet werden, um die Meinung von Bürgern zu beeinflussen. Einfluss wandert von der Politik und traditionellen Medien hin zu Unternhemen. Mit Libra schaffen die Firmen eine eigene Währung.
      Mit offenen Grenzen verschiebt sich der Einfluss weiter.

      KI erlaubt den Entwicklern weiteren Einfluss. Mit CRISP können die Eigenschaften von Lebewesen nachhaltig verändert werden. Kreuzungen zwischen Mensch und Tieren werden möglich. Eigenschaften des Menschen erweitert werden.

      Gleichzeitig wird daran geforscht, eine Integration von Chips (KI) und Gehirn zu bilden. Und die großen Techfirmen in USA und China sind an allen Themen führend.

      Werden die Ergebnisse erst politisch diskutiert, wenn alles vorhanden ist? Europa hat den Anschluß verloren. Es wird schwer und teuer, sich diesen wieder zu erkämpfen. Dazu müssen wir auf allen Gebieten zur Spitzengruppe aufschliessen.

  2. Das erinnert mich an die Börse:
    Einsteigen, wenn die Aktie schon ihr 20-30 % geklettert ist und alle darüber reden, wie toll es läuft.
    Dann ist man schon auf dem hohen Niveau und die ersten fangen an zu verkaufen. Und trotz toller Stimmung findet kein weiterer Anstieg statt, sondern Stagnation(es hat sich ausgeforscht).
    Die Gewinnmitnahmen kommen, und alle, die jetzt hoch eingestiegen sind(wir!) verlieren mit ihren Werten.
    Aber nicht nur das Geld. Nein, auch die Zeit und die Aufmerksamkeit, die DRINGEND für andere, zukunftsträchtige Themen gebraucht werden, ist dahin.

    Hinterherlaufen, das Wort fällt mir dazu ein.

    Um anzuführen, braucht man eigene Werte, in die andere investieren würden. In denen man sich auskennt, exklusiv, und die man von sich aus vertritt, verbunden fühlt.
    Wie wärs, wenn wir unsere eigenen Themen haben? Davon haben wir sicher genug.

    1. Prima, John.
      Mir sind jetzt gerade ad hoc keine eigenen Tehmen eingefallen, in die andere Investieren würden. Nenn doch mal ein paar von den vielen, die wir angeblich haben!

    2. Erinnert mich auch an die Börse.
      Warum erforscht eigentlich niemand, wie die Börse und das auch von John Manedrake hier implizit angesprochene Zockerdenken jede denkbare technische Erfindung für alle außer Börsenspekulanten entwertet?

  3. Wenn ich über die Batterieentwicklung in Deutschland nachdenke fällt mir ein alter englischer Witz ein: ,,die britische Regierung druckt eine 1000 Pfund Note. Wenn sie sich bewährt, wird eine zweite gedruckt.
    LG
    Mario

    P.S. Herr Prof.Dueck, ihr Gedanke mit der Starterbatterie in ihrem ersten Auto trifft den Nagel auf den Kopf. In dieser Ironie steckt soviel Wahrheit.

  4. Ein wenig zur Faktenlage:

    1. Die EU-Suchmaschine soll ohne Erhebung von Daten der Nutzer gebaut werden. Noch! Googles Suchmaschine wurde von Anfang an für die Ermittlung von Daten optimiert. Wie alle „sozialen“ Netzwerke auch. Beim Telefon, dem ältesten sozialen Netzwerk auf technischer Basis, ging’s auch ohne Abgreifen von Daten. In Deutschland. Das Internet ist zu mehr als 70% aus den Verkauf und der Nutzung von Nutzerdaten finanziert. Wenn sich zeigen sollte, dass die personalisierte Werbung nicht wirkt, dann ist das Internet wie wir es heute kennen, bald Geschichte.

    2. Was die Zahlen zum Thema Kosten für Solarstrom angeht, hat das Googlen wohl nichts genutzt. Da ist ein forschender Blick in das EEG hilfreich. Ansonsten sollten Sie in einen Solaranlage mit weniger als 2 Cent/kWh Produktionskosten sofort investieren. Falls es die Anlage nicht 24/7 mit Flutlicht angestrahlt wird. Eine kleine Anlage mit <= 10 kW peak – jetzt gebaut – erwirtschaftet 12,7 Cent/kWh incl. Subvention. Der Umsatz liegt selbst im Badischen um die 2.500 €/Jahr.

    3. Was digitale Bildung sein soll und wie sie sich von der analogen unterscheidet, erschließt sich mir nicht. Tablet statt Schreibheft oder Zeichenblock? Beamer statt Tafel?

    Ich kann einen Verharren in Grundlagenforschung mit relevanten und rigorosen Ergebnisse in D nicht feststellen. Drittmittelaufträge und politischer Druck lassen das nicht zu. Ich denke, dass unsere Wissenschaftler viel zu häufig im Mainstream aufsattelen und ihre Mäntelchen in den Wind hängen. Die Einfärbung der Fachhochschulen als Universitäten hat da einen negativen Trend eingeleitet.

    Ansonsten hätte uns eine wenig mehr Grundlagenforschung in Sachen Antibiotika und Impfstoffe bei der nächsten großen Epidemie sicher mehr geholfen, als der die Nutzung von CRISPR/Cas bei Experimenten mit Chimären.

  5. Aus Gesprächen mit Wissenschaftlern/Doktoranden der TU Braunschweig habe ich eine andere oder ergänzende Wahrnehmung: Es wird enorm viel tolles Zeug erforscht. Dann geht es aber für einen Appel und n Ei an einen der großen asiatischen Hersteller oder wird patentiert und verstaubt im Keller und keiner weiß etwas davon. Professoren haben wenig Interesse am Exploit – sie sind superneugierige Explorer. Unternehmer sind sie überhaupt nicht. Führungskräfte schon gar nicht. Bei den Doktoranden wollen viele in die Industrie. Kaum einer hat den Mumm und die finanziellen Reserven für eine Gründung. Ein Bekannter hat es gewagt. Er hat Know-How von der Uni, was dort zu verstauben drohte, genommen und ein eigenes Unternehmen daraus gemacht. Er ist nach vier Jahren Hölle so langsam auf dem aufsteigenden Ast. Die Uni hat nicht, wie zunächst großmundig angekündigt, unterstützt sondern wegen der Übertragung von Kellerpatenten riesige Steine in den Weg gelegt.

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